WooCommerce vs. deutsches Recht

Im Januar 2017 sind nach BuiltWith 42% aller Onlineshops mit WooCommerce realisiert. Wie WordPress selbst glänzt auch WooCommerce durch die denkbar einfache Installation und Konfiguration. Aus technischer Sicht ist es durchaus realistisch, mit bereits vorhandener WordPress-Website binnen 5 Minuten einen Onlineshop inklusive dem ersten Produkt und Bezahlmöglichkeiten online zu stellen. Eine Kleinigkeit gibt es aber noch zu beachten: Die Gesetzeskonformität.

WooCommerce in Deutschland

In Deutschland setzen immerhin schon 26% der Shop-Betreiber auf das WordPress-Plugin. Mögliche Gründe für diese Differenz sind:

  • Angst
  • Es macht einfach Spaß, fernöstlichen Ländern und den USA in puncto technischem Fortschritt 10 Jahre hinterherzuhinken. Wir sollten uns lieber wieder auf den Braunkohleabbau fokussieren.
  • Es ist zu einfach und kostet nichts.

Ein für alle Seiten nachvollziehbarer Grund ist auf jeden Fall die Regulierungswut nicht immer triviale Aufgabe, den aktuellen Anforderungen des Gesetzgebers nachzukommen. Denn weder ist WooCommerce für Shop-Betreiber mit Sitz in Deutschland kreiert, noch sind EU-Richtlinien und deutsche Gesetze für die Realität geschaffen. Nun aber zurück zur Sachlichkeit und den einzelnen Divergenzen zwischen WooCommerce und deutschem Recht.

Das noch vorab: Ich bin kein Anwalt und selbst wenn bzw. gerade dann, würde ich jegliche Form der Haftung für Richtigkeit und Vollständigkeit auf dieser Seite genannter Informationen ausschließen. Überhaupt sind es gar keine Informationen, sondern nur meine laienhafte Meinung.

Preisauszeichnung

Rein auf die Produkte bezogen ist man auf der sicheren Seite, wenn man – wie es ja ohnehin üblich ist – seine Produktpreise als Bruttopreise angibt. In WooCommerce lässt sich unter Einstellungen Mehrwertsteuer das schicke Preis-Suffix inkl. Mwst. angeben, was den privaten Endverbraucher aber eh nicht interessiert.

Die Notwendigkeit zur Grundpreisangabe bei z.B. Lebensmitteln zwecks besserer Vergleichbarkeit erlaube ich mir mal zu übergehen.

Nettopreise für an private Endverbraucher gerichtete Produktangebote lassen wir am besten bleiben.

Nettopreise im B2B-Bereich sind auf jeden Fall dann in Ordnung, wenn sichergestellt ist, dass auch wirklich nur Geschäftskunden an die Angebote gelangen. Ein Hinweis, dass sich die Angebote nur an Geschäftskunden richten, reicht nicht aus.

Beim Vertrieb digitaler Produkte und Dienstleistungen innerhalb der EU ist es seit 1.1.2015 so, dass für Privatkunden der im Heimatstaat des Kunden geltende Mehrwertsteuersatz anfällt. Mit der Angabe von Bruttopreisen auf den Produktseiten und der Aufdröselung von Nettopreis und Mehrwertsteuer beim Checkout nach Kenntnis des Heimatstaats des Kunden, ist man rechtlich immer noch auf der sicheren Seite, kann aber seine Margen aufgrund schwankender Nettopreise nicht mehr klar kalkulieren.

Der Versand einer Software auf Original-CD wiederum ist keine digitale Dienstleistung.

Geschäftskunden aus dem EU-Ausland sollten ohnehin die Möglichkeit haben, Ihre Ust-IdNr. anzugeben und (für diesen Kauf) von jeglicher Umsatzsteuer befreit werden. Diese Option fehlt im übrigen auch in WooCommerce.

Bisher sah ich es als ausreichend an, Nettopreise anzugeben und in einer mittels Sternchen referenzierten Fußnote darauf hinzuweisen, dass sich die angegebenen Preise zzgl. Mwst. und Versandkosten verstehen bzw. an den meisten Stellen den Preis inklusive deutscher Umsatzsteuer angegeben.

Geplant habe ich, die Preisauszeichnung so beizubehalten und nicht mehr auf die Versandkosten hinzuweisen, weil der Versand der Original-CD optional und erst im Checkout nach Angabe der Rechnungsadresse durch den Kunden explizit angefordert werden soll. Bzgl. der Versandkosten fühle ich mich durchaus im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Die Angabe der Nettopreise ist sicherlich grenzwertig.

Wenn nun ein Kunde aus Österreich ohne Angabe einer Ust-IdNr. (dann müsste ich ihn wohl als Privatkunden behandeln) Software kauft und diese neben dem obligatorischen Download auch auf Original-CD bekommen möchte – dann hat er doch sowohl ein digitales Produkt als auch eine Ware erworben. Könnte die Rechnung dann nicht so aussehen?

Software zum Download99,00 EUR
Software auf CD0,00 EUR
Versandkosten5,00 EUR
Netto gesamt104,00 EUR
Mwst. AT (20%)20,80 EUR
Brutto gesamt124,80 EUR

Lösung: Entweder die Produkte werden überall mit Bruttopreisen angepriesen oder – und dazu tendiere ich – die Preisangaben werden sehr zurückhaltend eingesetzt, d.h. z.B. nur auf Produkt-Detailseiten und dafür in aller Ausführlichkeit. Da es sich um eine deutschsprachige Website handelt, sollte die Angabe der unterschiedlichen Preise für Deutschland, Österreich und die Schweiz genügen, der Hinweis, dass sich für „EU-Ausländer“ das Thema Umsatzsteuer durch Angabe einer gültigen Ust-IdNr. ohnehin erledigt und ein Link auf die Bruttopreise für alle EU-Staaten.

Versandkosten

In diesem Punkt bin ich zu unqualifiziert und es ändert sich ja doch ständig die Gesetzeslage. Ich selbst werde Versandkosten nur im Checkout angeben, wenn feststeht, dass überhaupt ein Produkt zu versenden ist und die Lieferanschrift des Empfängers bekannt ist.

Klar ist aber, dass WooCommerce standardmäßig Versandkosten erst im Warenkorb und an der Kasse anzeigt und das ist ungenügend. Das Preis-Suffix, das tatsächlich auf der Shop-Startseite, in den Kategorien etc. überall hinter dem Preis angezeigt wird, eignet sich auch nicht, um auf einen Versandkostenrechner zu verweisen, da HTML-Code beim Speichern im Admin-Menü automatisch entfernt wird.

Lösung: Sie brauchen Plugin, haken sich selbst in WooCommerce ein oder bieten den Versand zum Nulltarif an.

Lieferzeiten

In der Nähe der Preisangaben ist der potenzielle Kunde über die voraussichtliche Lieferzeit zu informieren. Davon abgesehen, dass auch die Angabe von Lieferzeiten unzählige gesetzes- bzw. wettbewerbswidrige Fallstricke mit sich bringt, ist diese in WooCommerce nicht vorgesehen. Plugins oder die Dienste eines Webentwicklers sind für Gesetzeskonformität erforderlich.

Kasse

Die Seite „Kasse“ mit dem WooCommerce Standard-Theme Storefront entspricht weder den gesetzlichen Vorgaben, noch motiviert ihr Erscheinung zum Ausfüllen des Formulars und Absenden der Bestellung.

Wenn aufgrund fehlender Pflichtangaben oder ähnlichem eine Abmahnung wegen Verstoßes gegen das UWG ins Haus flattert, könnte man argumentieren, dass aufgrund der Ergonomie der Kassen-Seite keine Bestellungen generiert werden und somit der Konkurrenz kein Nachteil entstanden sein kann. Juristisch betrachtet ist diese Begründung aber ganz dünnes Eis. Handlungsbedarf besteht in jedem Fall schon rein aus optischen Gründen. Darüber hinaus:

  • Der Bestell-Button muss „Zahlungspflichtig bestellen“ oder ähnlich tituliert sein.
  • Die wesentlichen Eigenschaften der bestellten Produkte sind nochmal aufzuführen, idealerweise mit Bild und Kurzbeschreibung.
  • § 3a BDSG – Datenvermeidung und Datensparsamkeit: Die Telefonnummer sollte in den wenigsten Fällen zur Abwicklung der Bestellung erforderlich sein. Auch aus Gründen der Nutzerfreundlichkeit sollte die Angabe daher optional sein.

Widerrufsbelehrung

So etwas gibt es nicht in WooCommerce. Üblicherweise lässt man sich die Lesung der verlinkten Hinweise zum Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen durch Aktivierung eines Kontrollkästchens im Checkout vom Kunden bestätigen. Ich selbst hänge die Widerrufsbelehrung zuästzlich noch als PDF an die Bestellbestätigung an. Hier besteht umfangreicher Handlungsbedarf durch Installation eines Plugins oder Programmierarbeit.

AGB

Die Gesetzeslage hierzu ist zwar relativ liberal (um nicht zu sagen schwammig). Üblich ist es aber, sich Lesen und Einverständnis zu den AGB während des Bestellvorganges vom Kunden bestätigen zu lassen. Es gilt wiederum: Plugin oder Programmierarbeit.

Nutzerkonto erstellen

WooCommerce ermöglicht, mit den bei der Bestellung gemachten Daten ein Kundenkonto zu erstellen. Das ist durchaus auch bei anderen Shop-Systemen so. Was fehlt ist die Bestätigungs-E-Mail, die einen Link zur Verifizierung sowohl der E-Mail-Adresse als auch der Registrierung als Kunde enthält.

Das ist kein reines WooCommerce-Problem, sondern ein allgemeines WordPress-Problem, wenn die Registrierung gemäß Einstellungen Allgemein Mitgliedschaft aktiviert ist. Plugins schaffe Abhilfe.

Weitere kritische Punkte

Dass WooCommerce nicht für die Informationspflichten gemäß TMG, ein gültiges Impressum vorzuweisen, verantwortlich sein kann, ist klar.  Hinweispflichten im Rahmen der sogenannten „Kleinunternehmerregelung“ können vielleicht auf recht umständliche Art und Weise erfüllt werden.

Für die Hinweise zum Datenschutz sowie der Hinweis auf die Schlichtungsstelle gilt ähnliches wie für die AGB. Mit den durchgestrichenen Preisen, die WooCommerce im Rahmen von Aktionspreisen generiert, ist ebenfalls vorsichtig zu agieren. So müssen Aktionspreise beispielsweise zeitlich begrenzt und nicht dauerhaft angelegt sein.

Die Liste ist keineswegs vollständig. Je länger ich allerdings darüber nachdenke und je länger die Liste wird, desto mehr verzögert sich die Abarbeitung der genannten Punkte.

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